Serviceglück in KPIs

„Alles was man messen kann, lässt sich verbessern“, sagte Michael Dell. Verbesserungspotenziale gibt es immer und überall, das ist selbstredend. Unternehmen messen daher alles, was sie nur messen können. Oftmals messen sie zu viel und häufig auch das Falsche. Mein Appell: lieber weniger, aber dafür das Richtige messen.

Kennzahlen und Kennzahlenvergleiche sind beliebt in Unternehmen. Schließlich gilt es, sich ein detailliertes Bild von Stärken und Schwächen zu machen und Optimierungspotenziale zu identifizieren. Das gefühlte Wissen darüber reicht tatsächlich nicht aus. Nur wenn Sie die Wirksamkeit Ihrer Leistungen messen und reflektieren, können Sie die Voraussetzungen für Exzellenz schaffen.

Das passiert, wenn Sie messen

Wenn wir etwas messen, entsteht ein „Zeigestock“ in eine bestimmte Richtung, an dem sich alles orientiert. Auch in der Wirtschaft. Quantitative Forschung birgt dabei eine große Gefahr: Mit Ihrer Messung setzen Sie gewissermaßen ein Skalpell in komplexe Zusammenhänge. Sie schneiden einen winzigen Aspekt heraus und legen diesen auf die Goldwaage. Damit werten Sie andere Aspekte ab oder betrachten gar die falschen. In der Folge kümmert sich niemand mehr um das, was nicht gemessen wird. So kann mit einer einzigen Messung ein gut funktionierendes System komplett an die Wand gefahren werden.

Entscheidend sind daher die Fragen: Was genau wollen Sie erreichen? Und: Welche Kriterien schafft diese Wirklichkeit? Manche Messlatten suggerieren Bedeutung an Stellen, die für die Qualität einer Leistung irrelevant sind. Das Beratungstempo zum Beispiel sagt nichts über die Beratungsqualität aus. Und eine hohe Zahl von Kontaktpunkten bewirkt nicht zwingend eine hohe Kundenzufriedenheit. Es gilt also: Erst die Zusammenhänge analysieren, dann messen. Nicht umgekehrt!

Die richtigen Messpunkte finden

Mit einem meiner Kunden führte ich ein Experiment durch: In einem der beiden Customer Care-Center des Unternehmens hatten die Mitarbeiter eine Zeitvorgabe für ein Kundengespräch, im anderen konnten sie frei entscheiden. Wir beobachteten die Entwicklung. Das Ergebnis: Die Zeitvorgabe ließ die Mitarbeiter unzufrieden mit der Qualität ihrer eigenen Arbeit fühlen, und das schlug sich auch in der Kundenzufriedenheit nieder. Die Mitarbeiter mit Zeitspielraum nach eigenem Ermessen erreichten eine höhere Kunden- und Arbeitszufriedenheit und Überraschung!: sie brauchten nur marginal länger.

Wie finden Sie nun heraus, was Sie messen könnten, um Ihre Leistung exzellent zu machen? Erstens: Indem Sie sich vom einseitigen Fokus auf Quantität verabschieden. Für die Servicequalität zählen beispielsweise nicht nur die Minuten, sondern auch die Qualität der Begegnung. Stellen Sie also immer beides auf den Prüfstand: Qualität und Quantität. Und, zweitens: Indem Sie sich nicht an dem orientieren, was Ihnen Marktforschungsunternehmen standardmäßig anbieten. Sondern radikal an Ihrem eigenen Fall und Ihren Kunden.

Um einen breit gefächerten Einblick in die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zu bekommen, bietet sich die Kombination aus drei Sichtachsen an: Kundenloyalität, Mitarbeiterloyalität und Prozessqualität. Etwa die Wiederkaufquote, Weiterempfehlungsrate oder Umsatz pro Kunde. Die Mitarbeiterzufriedenheit und die Güte der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen. Die Innovationsquote, die sich aus der Qualität der Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter ergibt, gehört ebenso auf die Liste der relevanten Leistungsbereiche wie etwa Beschwerdezahlen, Fehlerquoten und die Liefertreue. Die Kunst liegt in der richtigen Gewichtung und Kombination der relevanten Kriterien. Nur, wenn Sie mehrere Stellschrauben im Unternehmen richtig bewegen, werden Sie Wirkung erreichen.

Immer wieder beklagen unsere Kunden: „Unsere Prozesse haben wir perfektioniert. Aber trotzdem sind unsere Kunden nicht begeistert.“ Kundenbegeisterung hat so viel mit soft facts wie einer menschenfreundlichen Grundhaltung oder der Fähigkeit zur Empathie zu tun, dass wir diese Qualitäten für ausschließlich subjektiv wahrnehmbar halten. Das trifft glücklicherweise nicht zu. Der Emotionale Quotient „EQ“ ist der Indikator für die Begegnungsqualität mit dem Kunden und lässt Mitarbeiter lernen, ihre Empathiefähigkeit gezielt zu steigern – denn mit Scheuklappen und Stumpfsinn kann Kundenbegeisterung nicht aufblühen.

Ob Sie aber den Level mit der Marke „Exzellenz“ erreichen, das entscheiden am Ende nicht Sie, nicht Ihre Führungskräfte und auch nicht Ihre Controlling-Abteilung. Sondern einzig und allein Ihre Kunden. Qualität findet im Kundenkopf statt. Wenn Sie also wissen wollen, wie gut Sie sind, dann fragen Sie dort. Neue Technik eröffnet uns dafür heute ganz andere Möglichkeiten. Unternehmen wie „iFeedback“ bieten Systeme für Abfragen in Echtzeit. Das ist in mehrerlei Hinsicht eine große Chance: Sie erhalten deutlich mehr und direktes Kundenfeedback. So lässt sich die Performance einzelner Standorte sehr schnell und sehr einfach messen und verbessern. Und Sie können blitzschnell auf das Kundenfeedback reagieren und retten, was gerettet werden kann.

Auf Unerwartetes vorbereitet sein

Messungen bringen Ihnen Zahlen. Zahlen sind per se keine Wahrheiten. Sie sind Ergebnisse mathematischer Operationen, die Ihre Vorannahmen widerspiegeln. Bleiben Sie deshalb immer sehr kritisch gegenüber den angewendeten Methoden und den Ergebnissen – auch wenn sie auf den ersten Blick logisch erscheinen.

Controlling verspricht Kontrolle: Was man messen kann, das kann man auch managen. Diese Idee ist prinzipiell richtig. Sie verleitet aber zu der Fehlannahme, dass sich durch Messungen der Zufall ausschließen lässt. Das ist nicht so. Die Zukunft lässt sich nicht komplett vorstrukturieren, und es geht immer um das System als Ganzes und auf das, was unerwartet kommt.

Wir sind, was wir messen

Haben Sie die relevanten Kennzahlen identifiziert und in Wert gesetzt, dann arbeiten Sie sportlich damit: Veröffentlichen Sie die Zahlen, diskutieren Sie diese Zahlen mit allen Beteiligten, und geben Sie das Startsignal für eine Gipfeltour. Auf zu noch mehr Kundenbegeisterung! Mit dem Bewusstsein: Jedes kompetitive Messen führt dazu, die Mitarbeiter zu einer gleich getakteten „Horde“ zu formieren. Das Besondere bleibt oft auf der Strecke. Das kann niemand ernsthaft wollen. Messungen messen nicht nur die Realität. Sie verändern sie nachhaltig. Sie tun also gut daran, mit diesem Instrument sehr bedacht umzugehen. Oder wie schon Albert Einstein wusste “Nicht alles, was zählt, ist zählbar, und nicht alles, was zählbar ist, zählt.“

(Bild: zettberlin / photocase.de)