Wenn Service blau macht

Ich sitze mit meinem Bruder Thomas und seiner Frau Evelin in unserem Lieblings-Thai-Restaurant in Salzburg. Unvermittelt fragt mich Thomas: „Wozu kann man eigentlich ein Papiersackerl (auf Hochdeutsch Papiertüte) verwenden?“ Ich schaue ihn mit einem großen Fragezeichen im Gesicht an: „Was meinst Du!?“ Er: „Man kann sie zu allem verwenden, aber nicht dazu, gerade neu gekaufte Bettwäsche nach Hause zu tragen.“

Das musste mein Bruder lernen, als er sich zusammen mit seiner Frau vor kurzem neue Bettwäsche gönnen wollte. Diesmal keine aus dem Kaufhaus, sondern richtig wunderbare, ganz hochwertige Wäsche in einem alteingesessenen, spezialisierten Laden. Die Mitarbeiterin packte durchaus sehr serviceorientiert eine Auswahl zur Ansicht für Zuhause ein – in eine schöne Papiertüte mit großem, blauem Logo. Durch den Nieselregen schlenderten mein Bruder und seine Frau nach Hause. Glücklich und mit dem Gefühl, etwas Gutes für sich getan zu haben.

Dumme Service-Ausreden? Nein, danke.

Zu Hause dann der Schock: Die blaue Papiertüte hatte den Mantel und die nagelneue Veloursleder-Handtasche blau verfärbt! Nun ist mein Bruder ein humorvoller Mensch. Er ging zurück in das Wäschegeschäft und fragte: „Wissen Sie eigentlich, was man mit Ihrem blauen Papiersackerl nicht machen kann?“ „Was meinen Sie!?“ „Ihr Sackerl hat auf den Mantel meiner Frau und auf die Handtasche blau abgefärbt. Wie gehen wir jetzt damit um?“ „Naja, die Tüte dürfen Sie doch nicht bei Regen verwenden. Das ist doch klar!“

Wer seine Kunden so dumm belehrt, hat von Service nur wenig verstanden. Immerhin war der Laden nach langen Diskussionen bereit, die Handtasche zu ersetzen und den Mantel zu reinigen. Als der Mantel nicht sauber werden wollte, waren ein halbes Dutzend Telefonate notwendig. Es folgte nicht ein einziges Mal ein „Entschuldigung“ oder „Es tut uns leid“ – weder von einem der Mitarbeiter, noch vom Chef, der sich schließlich auch noch einschaltete, um den Schaden auf seiner Seite möglichst gering zu halten.

Schlechter Service ist wie Comedy

Der Service-Hammer aber kommt zuletzt: Als Thomas schließlich die ausgewählte Wäsche abholte (oh ja, er kaufte sie trotz des vielen Ärgers!), reichte ihm die Mitarbeiterin die Ware säuberlich verpackt über den Tresen…. in einer blauen Papiertüte – bei Regen.

Eine solche Story hätte auch von Loriot stammen können. Doch das hier ist das echte Leben. Und wenn ich solche Geschichte höre, wundert es mich nicht, wenn viele traditionelle Einzelhandelsunternehmen in Schwierigkeiten stecken. Diese Art von Reklamationen müssen schnell, unkompliziert und großzügig behandelt werden. Ohne kleinliches Gezacker, ohne besserwisserische Belehrung. Und wer als Einzelhändler von seiner Druckerei mit unbrauchbaren Tüten beliefert wird, sollte das Problem nicht seine Kunden ausbaden lassen – sondern selbst reklamieren.

Durchdachte Details machen das schönste Serviceglück. Und schlechte Details ruinieren das schönste Serviceglück. Manchmal reicht dazu eine einzige, blaue, blöde Papiertüte.

Haben Sie auch schon Service-Talk erlebt, der vor lauter Blödheit unfreiwillig komisch wurde? Schreiben Sie mir Ihre Geschichte! Ich bin gespannt!

Herzlichst,
Ihre Sabine Hübner

P.S.: Gestern im Café. Ich frage die Service-Mitarbeiterin, warum es auf den Tischen keine Dekoration mehr gibt. Ich: „Sparen Sie? Oder hatten Sie keine Zeit?“ Sie: „Es ist Winter. Da gibt es keine Blumen.“

 

(Bild: complize / photocase.de)