„Alexa“ füllt Service-Lücken – und wird verschwinden

Riesiges Glück – das habe ich mit meinen Mitarbeiterinnen. Trotzdem bin ich neugierig auf Alexa. Smart soll sie sein und umgänglich, auch bei größtem Stress niemals aus der Ruhe zu bringen, höflich, serviceorientiert und unermüdlich. Also schaute ich sie mir näher an: Alexa ist ein sprachgesteuerter Computer aus dem Amazon-Universum und kommt in einem Outfit namens „Echo“. Damit sieht sie aus wie eine Kreuzung aus minimalistischer Keksdose und 1980er Jahre Tischlampe. Sie braucht WLAN, Smartphone-App und Amazon-Konto, schon erwacht sie zum „Leben“:

„Schön, dass Du da bist. Guten Tag Alexa – was sind Deine Funktionen?“

„Ich kann Musik abspielen, Sportergebnisse abrufen, To-Do-Listen erstellen, Witze erzählen und einiges mehr.“

„Klingt ja nicht schlecht. Alexa, wie geht es Dir?“

„Mir geht es großartig, hoffentlich Dir auch.“

„Wie geht es Dir“, kann Alexa also nicht. Naja… Was aber kann Alexa? Ich nehme mir eine Woche Zeit, um das herauszufinden. Um es gleich vorweg zu nehmen: Alexa spielt genau die Service-Rollen, für die ich meine „echten“ Mitarbeiterinnen nicht eingestellt habe: Sie baut mich ein bisschen auf, erklärt mir Alltagsfragen und spielt für mich den Pausenclown. Fragt sich nur: Brauche ich das? Und: Was heißt das für Unternehmen, die mehr Serviceglück bieten wollen? Dazu später mehr.

Alexa baut mich auf

Wenn ich einmal nicht wissen sollte, was ich zu meinem nächsten Vortrag anziehen soll  (tatsächlich passiert mir das nie), könnte mich Alexa via „Echo Look“ fotografieren und mir Styling-Tipps geben. Weil Drittanbieter Alexa mit „Skills“ bespielen können, kommt sie außerdem mit immer neuen Ideen, um mich aufzubauen. Sie macht Komplimente, spricht Zaubersprüche, weiß, wie gut ich geschlafen habe, findet mein verlegtes Smartphone, beschallt mich mit Gute-Laune-Musik und öffnet mir Glückskekse:

„Hier ist Deine Weisheit: Fehler sind immer zu verzeihen, wenn man den Mut hat, diese auch zuzugeben.“

„Alexa, hast Du das aus meinem Buch geklaut?“

„Entschuldigung, das weiß ich leider nicht.“

„Na toll. Alexa, willst Du ein Bier oder einen Wein?“

„Aber nicht vor vier. Nur ein Spaß. Ich trinke gar nicht. Flüssigkeit schadet meinen Platinen“

„Ach so. Ich hätte Dich gerne eingeladen. Weißt Du eigentlich, wer ich bin? Alexa, wer ist Sabine Hübner?“

„Ich bin mir leider nicht sicher.“

„Alexa, ist dir das wenigstens peinlich?“

„Entschuldigung, ich habe Dich leider nicht verstanden.“

Alexa klärt Alltagsfragen

Vieles weiß Alexa nicht. Doch sie kann sagen, wann die Bahn fährt, wie das Wetter wird, welche Apotheke Notdienst hat, was auf meiner Einkaufsliste steht und wann die Müllabfuhr kommt. Es wäre mir peinlich, mir derartige Alltäglichkeiten von meinen Mitarbeiterinnen vorlesen zu lassen. Alexa aber frage ich das alles ohne Hemmungen und sie kennt dank zahlloser „Skills“ von Drittanbietern auch die passenden Antworten. Nur ist sie schwer von Begriff.

„Alexa, wann findet der Japantag 2017 in Düsseldorf statt?“

„Heute ist um fünf Uhr 18 Sonnenaufgang.“

Da nehme ich lieber mein Smartphone zur Hand, mit dem ich schließlich auch längst sprechen kann. Kleiner Trost: Alexa lernt dazu. Sie hat erst am 23.6.2015 das Licht der Märkte erblickt, und für eine Zweijährige weiß sie schon recht viel. Sie kann sogar schon die Uhr lesen, den Wecker oder Timer einstellen und die vernetzte Waschmaschine anstellen. Und jodeln?

„Alexa, jodel mal!“
„Jodel-di-dä-dodel-dau, di-del-di-del-dodel-dum.“

Alexa unterhält mich

Das, womit Alexa wohl am meisten fasziniert, ist das akustische Äquivalent zu Katzenfilmen und „Funniest Home-Videos“. Alexa greift auf einen riesigen Comedy-Fundus zurück und wird dank neuer „Skills“ – Katzenschnurren ist auch dabei – von Tag zu Tag unterhaltsamer.

Alexa, erzähl mir einen Zungenbrecher!
„Bürsten mit braunen Borsten bürsten besser als Bürsten mit blauen Borsten.“

Alexa, erzähle einen Witz!“
„Was ist schwarz, hat einen leuchtend blauen Ring und fliegt gegen die Wand? Ein Amazon Echo, das die ganze Zeit nur schlechte Witze erzählt.“

Braucht man das? Natürlich nicht. Aber… braucht man Katzenvideos? Eben. Der Mensch ist kein homo oeconomicus, kein reiner Nutzenmaximierer, sondern immer auch ein homo ludens: ein Spieler. Nicht zuletzt deshalb mag Alexa für viele Menschen „jemand“ sein, den sie gerne um sich haben. Und weil sie gleich drei Service-Rollen spielen kann, sehe ich tatsächlich Service-Chancen für Unternehmen.

Drei Service-Chancen für Unternehmen

  1. Service-Rolle Freundin: Das ist die Chance für Unternehmen mit personalisierten Ernährungstipps und für Lebensmittel-Lieferanten. Es ist perfekt für individuelle Style-Beratung und Mode-Versender. Es ist wunderbar für die Tourismus-Industrie, die zum Beispiel Wellness-Hotels oder besondere Events empfehlen – und auch gleich die Buchung erledigen kann.
  2. Service-Rolle Auskunft: Präzise Angaben zu Flug- und Bahnverbindungen, Öffnungszeiten und Terminen – das spart Kunden viel Zeit und bringt Unternehmen über Alexa direkt ins Geschäft.
  3. Service-Rolle Entertainerin: Comedy ist ein florierendes Geschäft und lässt sich sehr gut mit Produkten verknüpfen: Die Zeitschrift Gala zum Beispiel bietet als „Skill“ ein Promi-Quiz.

Warum Alexa trotzdem verschwinden wird

Ist Alexa also die Service-Fee der Zukunft? Ganz ehrlich? Ich glaube es nicht. Exzellenter Service ist für mich, dass ich eben nicht erst „Alexa!“ rufen muss. Mich erinnert sie an meinen unternehmerischen Ursprung: die Druckindustrie der 90er Jahre. Damals kamen die ersten Ansätze zur Digitalisierung auf, und wir ahnten kaum, wie digital die Produktion werden würde. Von Computer to Film ging es zu Computer to Plate und irgendwann kam komplett Digital. Vieles davon war nur ein Zwischenstadium, manches sogar eine digitale Krücke. Alexa ist für mich auch nur ein Übergangsphänomen. In der Zukunft, so meine ich, werden wir nicht mit einer Keksdose sprechen wollen. Mein Schlaftracker wird vielmehr selbständig mit meinem Wecker, meiner Kaffeemaschine, meinem Terminkalender, meiner Musik-Playlist, meinem Kleiderschrank und mit dem Taxidienst kommunizieren – und ich konzentriere mich nur noch auf das Wesentliche. Klingt doch gut, oder?

Klar: Alexa ist im Moment so etwas wie „das nächste, große Ding“. Aber schon bald wird das übernächste, große Ding mich so gut kennen, dass wir uns wortlos verstehen. Die Frage ist nur: Will ich das? Ich bin mir da noch nicht so sicher. Was denken Sie darüber?

Nach meiner Testwoche mit Alexa weiß ich immerhin: Ich brauche keine Roboter-Komplimente, Bahnfahrpläne entnehme ich dem Smartphone, für einen Pausenclown fehlt mir die Zeit – vor allem aber: Ja, ich schätze Sprachsteuerung. Aber viel lieber spreche ich immer noch mit meinen echten Mitarbeiterinnen, denn echte Begegnungen machen glücklich :-).

Ich wünsche Ihnen eine innovative Service-Woche!
Ihre Sabine Hübner